Lhasa - einen Monat in der heiligen Stadt
| |
Lhasa, Tibet - tibetische Mönche |
Lhasa, Tibet - Ein Pilger zieht seine Runde, "Kora", um den Potala Palast |
| |
Lhasa, Tibet - Gebetsflaggen über dem Kloster Ganden |
Lhasa, Tibet - mit lustigen Tibetern am Potala Palast |
Auf der Suche nach der heiligen Stadt
Nach unserer Rückkehr aus Hongkong beschließen wir, einen Monat in Lhasa zu bleiben. Wir finden Dank der Wintersaison eine sehr günstige Bleibe in einer Jugendherberge. Bei unserer Ankunft im Dezember in Lhasa waren wir ehrlich gesagt sehr erschrocken, wie chinesisch Lhasa anmutet.
23.01. - 25.02. in Lhasa
Unsere Vorstellungen von der "heiligen Stadt" wurden enttäuscht. Vielleicht zeichnen auch wir manchmal mit unseren Bildern eine falsche Realität, da auch wir dazu neigen, eher die schönen, oder vielmehr, irgendwie besonderen Gegenden und Momente zu zeigen. Doch zumindest mit unseren Worten wollen wir ein genaues Bild zeichnen.
In Lhasa jedenfalls haben die Chinesen ganze Arbeit geleistet und die Stadt in einen Bauhausbetonkomplex verwandelt, der von Prachtstraßen durchzogen ist. Selbst zum heiligsten Gebäude der Tibeter, dem Jokhang, führt eine Prachtstrasse. Ein Verbotsschild davor zeigt, was alles nicht erlaubt ist. Nur der Strom der Tibeter, die der Tradition gemäß im Uhrzeigersinn um den Jokhang pilgern, will nicht abreißen, und scheint wie ein Strudel alle umliegenden Menschen in sich einzusaugen. Der Jokhang ist wohl einer der wenigen Orte, wo man auf Anhieb das Gefühl hat, auch wirklich in der heiligen Stadt zu sein. Ansonsten heisst es suchen. Mit ein wenig Geduld entdeckt man kleinere Tempel, wo Tibeter zum Beispiel ihren Gottheiten kleine Geldscheine an die Statue stecken oder vor den Tempeln in Räucheröfen Kräuter verbrennen.
Will man sich größere Klöster in und rund um die Stadt ansehen, wird man als Tourist stets kräftig zur Kasse gebeten. Um die 5 Euro kostet ein Klosterbesuch, und wer dann vielleicht noch im Tempel ein Foto schießen möchte, darf dort auch noch oft etwas berappen. Wir spenden wirklich gerne etwas im Kloster, aber wir könnten wirklich das Kotzen kriegen, wie sehr abgezockt wird. Im nachhinein entpuppten sich die größeren Klöster oft als Museen, in denen Mönche von der chinesischen Regierung Gehälter bekommen, damit sie ja auch ihre Klappe halten. Aufmüpfige Mönche und Nonnen finden sich in den umliegenden Gefängnissen wieder. In Kathmandu kursiert wohl ein Stadtplan von Lhasa, mit Lageplänen der umliegenden Gefängnisse.
Lange haben wir auch den Besuch des Potala Palastes vor uns hergeschoben, da wir ungern der chinesischen Regierung Geld in den Rachen werfen wollen. Aber irgendwann sind wir dann doch hingegangen. Wie der Potala ist? Es ist in etwa so, als wenn man in Deutschland eine Burg besucht, eher ein Museum als ein Ort der Spiritualität. Fazit für uns: Die kleinen Tempel und Klöster sind unserer Meinung nach oft viel lebendiger und genauso sehenswert wie die großen Klostermuseen, und wer will kann dort auch eine Spende hinterlassen, die dem Tempel bzw. Kloster direkt zukommen.
| |
Lhasa, Tibet - Tibetische Pilgerin mit tollem Kopfschmuck |
Lhasa, Tibet - Ausflug zu einem Kloster |
| |
Lhasa, Tibet - Hunderte Stufen hinauf zum Potala Palast |
Lhasa, Tibet - tibetischer Mönch |
Was keine Zeitung schreibt und niemand beweisen kann
Es gibt Fakten, die lassen sich nicht von der Hand weisen. Seitdem die Zugstrecke von Lhasa bis nach Golmud fertig gestellt ist, ist Lhasa mit Direktzügen beispielsweise mit Peking, Chengdu oder Guangzhou (Kanton), sprich, mit komplett China verbunden. Nun erfolgt ein stetiger Zustrom von Siedlern aus ganz China. Die Regierung erstickt Spannungen in Tibet einfach mit Militärpräsenz und der Ansiedelung von Chinesen aus dem Inland. Wer freiwillig nach Tibet zieht, wird für einige Jahre von der Steuer befreit und darf in der Regel 2 statt nur einem Kind bekommen. Reisende, die vor zwei, drei Jahren in Lhasa waren, stellten auch fest, wie stark gebaut wurde in der kurzen Zeit, und dass die Anzahl von Chinesen stark zugenommen hat. 3 Millionen Menschen sollen die Stadt laut eines Geschäftsmannes in Zukunft bewohnen. Ein Freund, der seit den neunzigern Tibet per Rad bereist und über ein immenses Wissen verfügt, erzählt von weiteren Problemen. In den Schulen wird chinesisch unterrichtet, und höhere Bildung gibt es ebenfalls nur in chinesisch, nicht in tibetisch. Tibeter die zu Wohlstand gelangen, sprechen anscheinend auch chinesisch mit ihren Kindern, und es scheint immer mehr laut Einheimischen eine Art Pidgin- Tibetisch (vereinfachtes Tibetisch) gesprochen zu werden. Ist es nur eine Frage der Zeit, bis die tibetische Sprache ausstirbt?
| |
Lhasa, Tibet - Zusammen mit kontaktfreudigen Tibetern |
Lhasa, Tibet - Fernradfahrertreffen am Potala Palast |
| |
Lhasa, Tibet - Mönche vor dem Potala Palast |
Lhasa, Tibet - der sagenumwobene Potala Palast |
Die Ignoranz der Chinesen
So ganz nebenbei, denken wir, kann man den vielen han-chinesischen Siedler (Han = Volk [Unwort "Rasse"] der Chinesen um Peking, Xian u.s.w.) auch kaum einen Vorwurf machen, nach Tibet umgezogen zu sein. Denn sämtliche Informationen über Chinas historisches Verhältnis zu Tibet sind von einer einzigen Quelle: Der Propagandastelle der regierenden Kommunistischen Partei. Es wird verbreitet, dass Tibet schon seit dem 13. Jahrhundert zu China gehörte, und nicht erst seit 1950, als die Volksarmee in Tibet einmarschierte. Es wird ebenfalls verbreitet, dass in Tibet von Seiten der Armee und der Regierung her wirtschaftliche Entwicklung betrieben wird, um diesen wirtschaftsschwachen Teil von China zu fördern. In Wirklichkeit aber sind viele der sogenannten "Entwicklungen" nur auf strategische und militärische Zwecke zurückzuführen. Beispielsweise der Bau der Strasse 219, die wir von Kashgar über Ali bis nach Lhasa gefahren sind. Diese Strasse diente nämlich hauptsächlich der Sicherung der Grenze zu Indien und der Konstruktion von militärischen Einrichtungen, um die Grenze militärisch zu sichern. Auch wird kaum ein Chinese, der nicht im Ausland gewesen ist, was bei wohl über 95% der Bevölkerung der Fall ist, gehört haben, dass Tibet gar nicht "friedlich befreit" werden wollte.
Solche Informationen, wie zuvor genannt, sind in China streng zensiert. Ein anderer Ausländer, der bei einer Radiostation arbeitet, erzählt uns, dass alle Radiosendungen eine Woche im Voraus aufgezeichnet werden. Jede Woche bekommt er eine lange Liste mit Personen oder Dingen, die er nicht sagen darf. Und nach Aufzeichnung der Sendung wird sie von zwei oder drei Kontrollbeamten mehrmals gegengehört, ob nicht doch etwas kritisches gesagt wurde. Im chinesischen Fernsehen wird es wohl ähnlich sein. Und ausländisches Fernsehen darf man nicht empfangen. Nur als Ausländer darf man sich eine Sondergenehmigung besorgen, um eine Satellitenschüssel zu installieren. Was aber für Chinesen kaum hilfreich wäre, da nur ein Bruchteil der Chinesen über Fremdsprachenkenntnisse verfügt. Also sind in China für die Einwohner quasi nur Informationen verfügbar, die 1:1 der Propaganda der Parteilinie entsprechen. Und überhaupt hat man sich in China wohl sowieso eher auf sein "privates Glück" konzentriert. Was man auch kaum einem Landsmann verübeln kann, landen doch Andersdenkende im Knast, in Internierungslagern, oder müssen in undankbaren Provinzen Zwangsarbeit leisten. Von daher existieren zwei komplett verschiedene Welten des Wissens im Hinblick auf die chiniesischen und auf die ausländischen Touristen in Tibet. Mit Chinesen über Tibet zu diskutieren, ist in etwa so, wie Galileo Galilei, als er vor 400 Jahren versucht hat, den Papst zu überzeugen, dass die Erde rund und keine Scheibe ist.
| |
Lhasa, Tibet - Wir trinken mit den Tibetern zusammen und stossen auf tibetisch Neujahr an |
| |
Lhasa, Tibet - Wir wandern auf einen der Hausberge um Lhasa |
Lhasa, Tibet - Gebetsflaggen auf einem der Hausberge um Lhasa |
Einen kompletten Monat in Lhasa
Wie schon oben beschrieben, sind wir einen kompletten Monat in Lhasa geblieben. Warum eigentlich so lange? Nun, auch in Lhasa gibt es viel zu entdecken, auch wenn nicht immer alles angenehm ist, was man über das chinesisch besetzte Tibet erfährt. Jedenfalls hatten wir ebenfalls einiges zu tun. Unser Sponsor hat uns einen neuen Rahmen zur Verfügung gestellt, da der alte ja gebrochen war. Mehrere Tage sind dabei drauf gegangen, jedes Einzelteil vom alten an den neuen Rahmen zu montieren, und so quasi ein komplett neues Fahrrad aufzubauen. Und, um ehrlich zu sein, war uns auch ein bischen nach ausruhen zu Mute. Einen Monat sind wir nun schon wieder in Lhasa, der kleinen Hauptstadt von Tibet, die in einem von Bergen umgebenen Tal liegt. Während der Nacht ist der Winter hier so richtig eingekehrt und hat alle umliegenden Berge mit Schnee überzogen.
Als nächstes wollen wir für einige Tage in der Umgebung von Lhasa wandern gehen. In maximal 10 Tagen werden wir dann aber wieder im Hotel sein und dann auch bald weiterfahren, da wir ja durch unseren Rekordversuch auf maximal 2 Monate in einem Ort limitiert sind, was ja am 23. März erreicht wäre. Daher geniessen wir nun noch einige Tage in der Natur, bevor wir uns dann letzendlich wieder auf das Fahrrad schwingen wollen. So haben auch unsere Muskeln mal für ein paar Tage nicht nur die einseitige Radfahrbelastung.
| |
Mönch in Kloster um Lhasa, Tibet |
Lhasa, Tibet - goldenes Dach vom Ganden Kloster |
| |
Lhasa, Tibet - Malerei an Kloster |
Kloster um Lhasa, Tibet |
| |
Lhasa, Tibet - zahme Yaks auf dem Hügel oberhalb von Kloster Ganden |
| |
Lhasa, Tibet - Malerei an Kloster |
Lhasa, Tibet - die allgegenwärtigen Gebetstrommeln |
| |
Lhasa, Tibet - die chinesischen Soldaten haben Tibet fest im Griff |
Lhasa, Tibet - rumblödeln am Potala Palast |
| |
Lhasa, Tibet - Kuchenschlacht in Francois Cafe |
Lhasa, Tibet - Fernradfahrer-Geburtstagskuchen |
| |
Lhasa, Tibet - Es hat auf den Bergen um Lhasa geschneit |
Lhasa, Tibet - Die Chinesen haben "für die Tibeter" diese goldenen Yaks hingestellt |
| |
Lhasa, Tibet - unser neues Zelt auf dem Dach vom Hotel |
Lhasa, Tibet - kontaktfreudige tibetische Familie |