Dreck, Slums, Chaos = Indien?

  • 28.11.06 Amritsar - Harike 56,9 km
  • 29.11.06 Harike - Kot Kapura 86,5 km
  • 30.11.06 Kot Kapura - Abohra 94,8 km
  • 01.12.06 Abohra - Rawatsar / Pallu 119,4 km
  • 02.12.06 Rawatsar / Pallu - Sardarshahr 86,2 km
  • 03.12.06 Sardarshahr - Fatehpur 112,9 km
  • 04.12.06 Fatehpur - Jaipur 139,0 km
  • 05.12.06 Jaipur
  • 06.12.06 Jaipur - Pushkar 148,5 km
  • 7+8.12.06 Pushkar
	Indien: Mendi Handbemalung vor Hochzeit		Indien: Einladung auf Bauernhof Junge zeigt uns die Tiere
Indien: Mendi - Handbemalung vor Hochzeit Indien: Einladung auf Bauernhof - Junge zeigt uns die Tiere
	Indien: Die indisch pakistanische Grenze alles wird per Hand verladen		Indien: beladene Frauen
Indien: Die indisch pakistanische Grenze - Alles wird per Hand verladen! Indien: beladene Frauen

Amritsar

Bis zum Frühjahr nehmen wir an der pakistanisch- indischen Grenze Abschied von Pakistan, um ab April zurück durch Nordpakistan über den Karakorumhighway nach China zu fahren. An der Grenze müssen wir unzählige Formulare ausfüllen, unsere Taschen werden das erste Mal auf unserer Reise kontrolliert, und dann tauchen wir ein in ein Land, das wohl wie kein anderes mit so vielen Klischees behaftetet ist: INDIEN!

Die Landschaft gleicht der in Pakistan. Aber wir sehen unzählige "marriage palaces", und die vielen Frauen in ihren knallbunten Saris heben automatisch unser beider Stimmung, da wir in Pakistan fast nie Frauen auf der Strasse gesehen haben. Aber auch die Stimmung der Einheimischen scheint gut zu sein, und zu dem vertrauten Starren kommt plötzlich vielfach ein Lächeln und ein freundliches Winken dazu. Wir befinden uns im gut bewirtschafteten Punjab, das zu einem grossen Teil von der Religionsgruppe der Sikkh bevölkert ist, die spezielle Regeln einhalten. So tragen sie ab dem 19. Lebensjahr einen Turban um ihr Haar zu bedecken (vorher einen Knoten auf dem Vorderhaupt), sie dürfen ihr Haar nicht abschneiden, haben einen Kamm bei sich, einen Stahlarmreifen, einen kleinen Dolch, Shorts (haben nicht die Funktion der Unterwäsche), und sie dürfen kein Fleisch essen, was auf muslimische Art geschlachtet worden ist.

Unweit der Grenze liegt unser erstes Ziel: die Stadt Amritsar in der Region Punjab mit dem Heiligtum der Sikkhs: Dem Goldenen Tempel. Pilger und Reisende aus aller Welt dürfen in eigens dafür eingerichteten Häusern gegen eine kleine Spende übernachten. Der Tempel selbst liegt in einem riesigen Wasserbecken, das man barfuss auf Marmorplatten umrunden muss, um dann über eine kleine Landbrücke zu dem aus purem Gold bestehenden Tempel zu gelangen, in dem aus dem heiligen Buch vorgelesen wird und dazu Musik ertönt. Den Abend verbringen wir mit den beiden jungen Deutschen Yogi und Tom und füllen unsere hungrigen Mägen im "Vegetarian Temple", wo wir ewig über der Speisekarte brüten, weil ALLES vegetarisch ist! Nach der recht kargen Auswahl der letzten Monate wähnen wir uns im Paradies und motten auf Grund des leckeren und spottbilligen Essens unseren Kocher ein.

	Indien: Einladung auf Bauernhof Baumwolldepot		Indien: Überladene Fahrzeuge na klar
Indien: Einladung auf Bauernhof Baumwolldepot Indien: Überladene Fahrzeuge na klar
	Indien: Irgendwo auf dem Bild ist Mandy und unser Tandem		Indien: Goldener Tempel in Amritsar Punjab
Indien: Irgendwo auf dem Bild ist Mandy und unser Tandem Indien: Goldener Tempel in Amritsar Punjab

Ein Stück Paradies

Ein wenig aus der Form lassen wir es die ersten Tage ruhig angehen und radeln gemächlich bei frischer Luft und wärmenden Sonnenstrahlen durch grüne Alleen auf sehr guten Strassen und fühlen uns wie im Urlaub. Soll das das dreckige Indien sein, von dem man so viel hört? Am frühen Nachmittag passieren wir ein Vogelschutzgebiet in Harike und halten spontan an einem strahlend weissen Sikkh-Tempel, der von akkurat angelegten Blumenbeeten und einem See gesäumt ist. Wir schauen uns an und wissen beide, dass wir heute nicht mehr radeln wollen. Wie immer haben wir alles dabei und als wir fragen, ob wir unser Zelt dort am See aufstellen dürfen, bringt uns ein freundicher Sikkh erst einmal einen Tee und verschafft uns nach einiger Zeit eine Audienz bei dem Heiligen Baba Madho Singh. Vor ihm sitzend stellt er uns unzählige Fragen, während immer wieder Leute kommen, die vor ihm auf die Knie fallen und seine Füsse berühren. Vor vielen Jahren hat er in England Ingenieurwesen studiert, und so präsentiert er uns mit gewissem Stolz das wunderschöne und höchstakkurat angelegte Anwesen und seine selbst konstruierten, sogar fahrenden Busse, die zu Dekorationszwecken dienen. Aus dem Zelten wird nichts- wir bekommen das wunderschöne Gästezimmer, und als wir nach einem leckeren Abendbrot selig einschlafen, können wir unser Glück mal wieder kaum fassen. Am nächsten Morgen verblüfft uns unser Gastgeber auf ein Neues- er nimmt einfach das frisbee-artige alte Brot vom Vortag und macht sich einen Spass daraus, auf diese Art und Weise die unzähligen Wasservögel zu füttern. Auch wir versuchen uns darin und unter Gelächter treffen wir so manches Mal statt den See den gegenüberliegenden Baum.

Auch am nächsten Tag radeln wir über wenig befahrene Straßen nach Süden. Ein freundlicher Sikkh lädt uns an einer Tankstelle auf Tee und Kekse ein und will uns sogar zu sich nach Hause einladen, aber wir lehnen ab und wollen noch ein Stückchen voran kommen. Und wieder will uns 20 Kilometer weiter ein Motorradfahrer zu sich einladen. Auch bei ihm lehnen wir ab, aber er ist hartnäckig und fragt abermals nach, und so folgen wir ihm und fahren von der Nebenstrasse auf eine nochmals kleinere Strasse 3 km ab in ein Dorf, in dem wir angeblich die ersten Ausländer sind. Die Familie hat Kühe, einen Hund namens Michael (gespr. Maikel), Kamele, und Sie besitzen einige Felder mit Zuckerrohr, Raps und Baumwolle. Den ganzen Abend kommen Leute aus dem Dorf vorbei zu Besuch. Wir fragen, ob jeden Abend so viele Leute kommen. "Nein, die wollen euch sehen", ist die Antwort. Mehrfach erklären wir unser Fahrrad an diesem Abend. Im Anschluss werden wir abermals vorzüglich bewirtet, und wir bekommen wieder mehrere Schalen mit Gemüse, Kartoffeln und anderen vegetarischen Köstlichkeiten vorgesetzt. Danach dürfen wir uns es im Zimmer des jungen Mannes der uns eingeladen hat gemütlich machen, bis am nächsten Morgen wieder viele viele Nachbarn "zufällig" zu Besuch kommen. Bevor wir uns verabschieden, freuen wir uns wieder einmal über diese wunderbare Gastfreundschaft und das ausserordentlich tolle selbst frisch für uns am Feuer gemachte Chapatibrot.

	Indien: kleine Pause bei den freundlichen Sikhs		Indien: Radfahrerverein in Punjab
Indien: kleine Pause bei den freundlichen Sikhs Indien: Radfahrerverein in Punjab
	Indien: Chapatiweitwurf die Vögel werden gefüttert		Indien: Das andere Indien grüne Allee unberührte Natur
Indien: Chapatiweitwurf die Vögel werden gefüttert Indien: Das andere Indien grüne Allee unberührte Natur

Rajasthan

Wir passieren eine Zollschranke, welche die Bundesstaaten Rajhastan und Punjab voneinander trennt. Die Landschaft verändert sich langsam, aber merklich: Es wird sandiger, und das Land ist auch nicht mehr überall bewirtschaftet. Auch die Strasse macht Bennys Popo schwer zu schaffen, da Benny durch die ganzen Schlaglöcher richtig in den Genuss des harten Sattels kommt. Deswegen muss auch Mandy mal wieder ran um eine Weile hinten die Steuerung zu übernehmen, damit Benny vorne seinen Po schonen kann. Da wir wegen der Holperpiste nur langsam vorwärts kommen, erreichen wir unseren Zielort nicht. Auf der Suche nach einem Schlafplatz fragen wir in einem Dorf, ob wir irgendwo unser Zelt aufstellen dürfen. Zuerst bekommen wir in einer Bank einen "Tschay" (Cay, sprich Tee) angeboten. Draussen bestaunen 20 Kinder und mindestens ebenso viele Ewachsene unser Reisegefährt. Schließlich lässt es die Gastfreundschaft der Dorfbewohner nicht zu, dass wir im Zelt schlafen, und wir bekommen einen schönen Raum angeboten, in dem wir uns ausbreiten dürfen - unter den Augen des Hausbesitzers, der Familie, Freunde, Nachbarn und Bekannten, versteht sich. Aber da das wohl etwas besonderes für sie ist, einen Ausländer bei sich im Haus zu haben, bleiben wir gelassen und schwatzen ein bischen mit denen die Englisch sprechen.

Am nächsten Tag stehen wir ein bischen später auf, als wir eigentlich wollten, und wir streiten uns ausgiebig. Der Grund: Wir beide wollten gleichzeitig eine Tasche holen, um unserem Gastgeber ein Foto als Geschenk zu hinterlassen, und konnten uns dabei nicht einigen, wer das machen darf. Doch schon 50 Kilometer weiter vertragen wir uns wieder. Wie albern! Weiter geht es teils über eine gute Strasse, dann wieder über schreckliche Schlaglochpisten, und zwei Drittel der Strasse ist aufgerissen, damit Sie hoffentlich in den nächsten Jahren mal neu geteert wird. Wieder wechseln wir die Positionen, und Benny freut sich, abermals sein geschundenes Hinterteil schonen zu können. In der Kleinstadt Sardarshahr erreichen wir ein Gästehaus der örtlichen Universität. Nachdem wir unser Gefährt demonstrieren und eine Runde drehen müssen, bekommen wir die Erlaubnis, in diesem Gästehaus unterzukommen.

	Indien: Lecker frisch gepresster Obstsaft		Indien: Vogelreservat
Indien: Lecker frisch gepresster Obstsaft Indien: Vogelreservat
	Indien: Sikh Tempel		Indien: Papageien
Indien: Sikh Tempel Indien: Papageien

Unser erster Hindutempel!

Am nächsten Morgen kurz hinter der Stadt schauen wir uns dann den für uns ersten Tempel der Hindureligion an. Der Tempel beeindruckt uns mit seinen Shiva- und Affengottskulpturen, deren Bedeutung wir noch nicht richtig verstehen. Nach weiteren 40 Kilometern Holperpiste landen wir wieder auf der Hauptstrasse, die uns nach Jaipur bringen soll. Doch noch immer haben wir mit Speichenbrüchen zu kämpfen, und müssen einige der Stäbe ersetzen. (mehr hier... ->)

Einen Tag haben wir sogar leichten Regen in der Wüste, was eigentlich ganz angenehm ist. Wir fahren durch kilometerlange LKW- Militärkolonnen, die hier wohl zur Sicherung der nur wenige hundert kilometer langen Grenze zu Pakistan stationiert sind. Aber alle winken und hupen uns freundlich zu. Auch mit den negativen Begleiterscheinungen der Hauptstrasse müssen wir kämpfen, denn die Leute in den Straßenküchen wissen dass wir Touristen sind, und wollen uns daher manchmal den dreifachen Preis berechnen...

Jaipur

Schon 40 Kilometer vorher merken wir, dass die Stadt Jaipur nicht mehr weit sein kann: Das Verkehrsaufkommen und damit der Lärmpegel steigt gewaltig, und das Chaos wird so langsam immer grösser. Benny bremst schlagartig. Was ist los? Da! Die ersten freilaufenden Affen, die wir auf einer Mauer sitzen sehen, und sofort knipsen wir wie die blöden. Doch dann geht es weiter durch das Chaos. Ein Mopedfahrer rammt uns von hinten, aber Fahrrad und Gepäck nehmen keinen bleibenden Schaden. Doch da wir permanent geschnitten werden, nehmen wir irgendwann einfach (bei Linksverkehr) die rechte der drei Spuren in unsere Richtung. Dabei ignorieren wir die permanenten "wrong side, wrong side" Rufe der anderen Mopeds und Fahrräder, da wir auf dieser Seite einfach am entspanntesten fahren können. Doch trotzdem gefällt uns die Stadt, und auch im Hotel Jaipur Inn finden wir einen netten Unterschlupf. Auf dem Dach können wir uns Abends am - komplett vegetarischen - Buffet gütlich tun und dabei die ganze Stadt überblicken. Einen Ausflug machen wir zu dem grandiosen Amber Fort, das in der Zeit von ca. 1550 bis 1720 gebaut wurde. Hier war der Sitz des Maharadschas mit seinen teilweise bis zu 12 Frauen bis ins Jahre 1950. Aber auch die Innenstadt hat viel spannendes zu bieten, denn auch neben den historischen Gebäuden ist es natürlich der pure Wahnsinn, wie die Straße hier zu leben scheint: Von Hunden über Kühe bis hin zu Elefanten, von Fußgängern über Handkarren, Fahrräder, Fahrradrikschahs und Mopeds, alles kämpft einen sanften Kampf um das Vorwärtskommen durch die Straßen der Altstadt. Ein freudlicher Sikkh hilft Benjamin noch beim Binden von seinem neuen Turban, nach dem er schon lange auf der Suche war.

	Indien: Indersport		Indien: Sikhs bestaunen unser kurioses Tandem Hase Pino
Indien: Indersport Indien: Sikhs bestaunen unser kurioses Tandem Hase Pino
	Indien: Willkommen im Milliardenstaat		Indien: Obstverkäufer
Indien: Willkommen im Milliardenstaat! Indien: Obstverkäufer

Pushkar

Eigentlich wollen wir nach Südindien an der indischen Westküste fahren, und danach über die Ostküste zurück nach Nepal. Dabei wollen wir es wieder sportlicher angehen, um eine gute Form für den Himalaya aufzubauen. Also machen wir uns nach einem Tag in Jaipur direkt weiter auf in Richtung Pushkar. Die ersten 70 Kilometer fahren wir relativ zügig durch, machen eine erste Pause. Auch die zweiten 70 Kilometer wollen wir durchradeln, aber ein Speichenbruch klaut uns eine Stunde, und auf der weiteren Fahrt haben wir auch noch einen Platten, den zweiten seit unserer Abfahrt in Deutschland. Das ist zwar eigentlich eine sehr gute Quote, aber so erreichen wir die Hindupilgerstätte Pushkar erst im Dunkeln. Obwohl der Ort sehr touristisch ist, hat er viel Charme: Um einen See herum angeordnet liegen viele Tempel, und von unserem Balkon aus sehen wir Hindus die im heiligen Wasser baden ebenso wie eine Affenhorde, die den kleinen Opferschrein am Ufer des Sees plündert. Ein guter Ort, um auf unser bestelltes Paket aus Deutschland mit einigen Ersatzteilen zu warten...

	Indien: Das Hakenkreuz in Deutschland verboten in Indien überall als traditionelles Glückssymbol sichtbar		Indien: Unser erster Hindutempel
Indien: Das Hakenkreuz - in Deutschland verboten, in Indien überall als traditionelles Glückssymbol sichtbar Indien: Unser erster Hindutempel
	Indien: Strassenleben in Jaipur		Indien: Wer hat die Kokosnuss geklaut
Indien: Strassenleben in Jaipur Indien: Wer hat die Kokosnuss geklaut
	Indien: Paradies für vegetarier Nicht vegetarisches Essen ist hier verboten		Indien: Er hat die Banane geklaut
Indien: Paradies für vegetarier Nicht vegetarisches Essen ist hier verboten Indien: Er hat die Banane geklaut
	Indien: Amberfort		Indien: Am Hawa Mahal Jaipur der Palast der Winde
Indien: Amberfort Indien: Am Hawa Mahal, Jaipur: der Palast der Winde
	Indien: Vegetation		Indien: Schirmkollektion
Indien: Vegetation Jaipur, Indien: Schirmkollektion
	Indien: Strassenchaos Chaosstrasse		Indien: Dickhäuter im Strassenverkehr
Jaipur, Indien: Strassenchaos Chaosstrasse Jaipur, Indien: Dickhäuter im Strassenverkehr
	Indien: Kleider färben		Indien: Benny wird getrubant
Indien: Kleider färben Indien: Benny wird getrubant
	Indien: Beim trinken nicht das Gefäss berühren		Indien: Bräutigam bei Hochzeitsfeier
Indien: Beim Trinken nicht das Gefäss berühren Indien: Bräutigam bei Hochzeitsfeier
	Indien: Guck mal da		Indien: Mach ja kein Foto
Indien: Guck mal da Indien: Mach ja kein Foto
	Indien: Benny muss mal wieder eine Speiche flicken	 
Indien: Benny muss mal wieder eine Speiche flicken  

 Bericht 21: Pakistan - auf nach Changa Manga Bericht 23: Rajasthan - von der Tankstelle zum Maharadschapalast 

 

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