Bericht 69: Australien - Neue Wege

Australien - Neue Wege

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Benny: Direkt nach unserer Ankunft in der 1,5 Millionen Stadt Perth erlebte ich, was ich eigentlich im Outback erwartet hatte. Perth kam mir vor wie ausgestorben, obwohl doch 1,5 Million Menschen in dieser Stadt leben sollen. Doch in der Nacht unserer Ankunft ist scheinbar so gut wie kein einziger von diesen 1,5 Millionen Menschen zu sehen. Nur ab und zu rast mal ein einsamer Geländewagen an uns vorbei. Die endlose Weite beginnt in Australien gefühltermassen nicht erst im Outback, sondern bereits in der 1,5 Millionen Einwohnerstadt Perth - auch wenn unser Eindruch natürlich geprägt ist durch über 2 Jahre Aufenthalt in Asien, das an vielen Orten von Menschen nur so wimmelt.


12.01. - 02.03.2009
 
Wie bereits in unserem letzten Bericht geschrieben, wollten wir beide mal für ein paar Wochen etwas auf eigene Faust machen. 2 Tage nachdem ich Mandy zum Bus nach Albany gebracht habe, mache ich mich auf per Fahrrad, zum Lake Leschneualtia in die Hügel östlich von Perth. Es ist ungewohnt, dass das erste Mal seit einer Ewigkeit der vordere Platz auf einer längeren Strecke frei bleibt. Es ist heiss an diesem 12. Januar. Die Hügel östlich von Perth sind zwar nicht sehr hoch, aber die Strassen gehen trotzdem immer steil bergauf und bergab, es ist sehr anstrengend. Erst in der Dämmerung komme ich am gemütlichen Campingplatz an. Den nächsten Tag gehe ich ruhig an. Die anderen Australier, also "Aussies" wie sie sich selber hier nennen, die hier für einen Urlaub mit ihrer Familie hinkommen, sind alle recht freundlich. Vielleicht freuen sie sich auch, einem einsamen Radfahrer eine Freude zu machen? "Bei mir ist immer ein kaltes Bier für dich in der Kühlbox" meint einer meiner Zeltnachbarn. Ich lehne erst mal ab, bin ein bisschen für mich, entspanne mich den Tag über und schraube etwas am Fahrrad rum.

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Mandy schreibt mir eine SMS, dass sie jetzt einen guten Grund sehen würde, zurück nach Deutschland zu gehen. Spontan rufe ich sie zurueck und meine leise Ahnung wird bestaetigt: Wir bekommen ein Kind! Schon bald! Es war zwar nicht geplant aber ich habe mir schon immer Kinder gewünscht!

Trauriges Schicksal der Aborigines in Australien
Benny: Am späten Nachmittag kommt dann ein anderer Australier vorbei der nebenan mit seiner Familie zeltet. Zwei kalte, volle, geöffnete Bierflaschen bringt er mit zu meinem Zelt: "Ich wollte nur mal eben ein kaltes Bier mit dir trinken". Wie nett! Er heisst John, und normalerweise lebt er mit seiner Frau und ihrem etwa 11 jährigen Sohn in der Minenstadt Kalgoorlie, einige hundert Kilometer östlich von Perth. Doch im Moment ist er arbeitslos, da die Wirtschaftskrise sich auch in Australien bemerkbar macht. Doch er hat in den letzten Jahren etwas Geld beiseite gelegt, so dass es ihm momentan keine Existenzprobleme bereitet. Mit einem Ohr höre ich ihm und seinen Erzählungen zu, ansonsten bin ich auch sehr mit den Gedanken bei Mandys und meiner Zukunft, was nun wohl alles passieren wird. Ich hatte nie einen Plan gemacht was mal passieren würde wenn wir wieder zurück nach Deutschland kommen würden, war dies doch nie absehbar in letzter Zeit. Währenddessen wird mir von John ein Bier nach dem anderen hingestellt.

Ein Onkel und ein Cousin von John die in Perth wohnen kommen zu Besuch hier beim Campingplatz vorbei. John sorgt sich ein wenig um seine Zukunft, da ja gerade die Wirtschaftskrise erst loszugehen scheint. Ausserdem machen er und seine Frau sich Sorgen um ihren Sohn, der nun mit der sechsten Klasse fertig ist (Die Grundschule dauert in Australien sechs Jahre). Denn auf die öffentlich weitere Schule gehen auch viele Kinder aus ärmlichen Verhältnissen und viele Kinder von Aborigines. Und leider ist es scheinbar vielfach in Australien der Fall, dass besonders viele Aborigines alkoholabhängig oder drogensüchtig sind. Und John macht sich nun Sorgen darum, dass sein Sohn leicht in falsche Kreise geraten könnte. Nach einem geselligen Abend bedanke ich mich für die Gastfreundschaft und die kalten Biere die ich spendiert bekommen habe und gehe zurück zu meinem Zelt.

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An dieser Stelle möchte ich aber zumindest noch ein paar Zeilen zur Situation der Aborigines in Australien schreiben. Denn das Problem der Ureinwohner in Australien ist ein sehr vielschichtiges. Aus meiner Perspetive haben die weissen Siedler die Probleme der Aborigines natürlich selbst erzeugt, indem viele Aborigines versklavt oder erschossen wurden und ausserdem ihrer Kultur beraubt wurden. 1988 gab es in Australien eine 200-Jahr Feier der Besiedelung Australiens. Somit wird heute noch immer auf gewisse Art und Weise die über 40.000 jährige Geschichte der Ureinwohner Australiens verleugnet, auch wenn sich der aktuelle Präsident Kevin Rudd bei den Ureinwohnern Australiens für die Verbrechen der weissen Siedler entschuldigt hat. Doch das ändert natürlich nicht mehr viel an ihrem Schicksal, deren Kultur im Grossteil der letzten beiden Jahrhunderte von den Weissen als minderwertig dargestellt wurde. Nun fühlen sie sich "entwurzelt", und viele sind auf der Suche nach dem Sinn des Lebens. Dies kann natürlich schon für sich genommen zum Alkoholismus oder zur Drogensucht führen. Ausserdem kommt noch erschwerend hinzu, dass sie bei Alkoholkonsum sehr schnell abhängig werden, da sie auch genetisch Alkohol nicht gewohnt sind, ganz im Gegensatz zu weissen Europäern, wo Weinkonsum schon seit mindestens 2000 Jahren seit der Römerzeit Gang und Gäbe war. All dies trägt zum heute leider traurigen Bild der Aborigines in Australien bei, da einerseite nicht alle Ureinwohner sich in die westliche Zivilisation integrieren können oder wollen, und sie andererseits auch nicht mehr ihre eigene Kultur leben können.

Zurück nach Deutschland
Benny: Am nächsten Tag telefoniere ich wieder mit Mandy. Mandy möchte wegen ihrer Schwangerschaft nicht mehr die harte Arbeit auf der Erdbeerfarm weitermachen, und wir entscheiden uns Ende der Woche in Perth wieder zu treffen. In der Zwischenzeit lerne ich Frerk, Esther und Melissa aus Bremen kennen, die auch auf diesem Zeltplatz gelandet sind. Die drei sind seit etwa 2 Monaten in Australien, und haben sich einen kleinen Minibus gekauft, um Australien damit zu umrunden. Die drei sind die ersten, denen ich davon erzähle, dass ich bald Vater werde. Sie gratulieren mir dazu, und ich kann es selbst noch gar nicht richtig glauben.

Am Freitag morgen fahre ich mit dem Fahrrad zurück nach Perth, als ich zurück bei Brad und Michael bin ist Mandy schon zurück. Wir umarmen uns, und unterhalten uns darüber, was wir nun in Zukunft anstellen wollen. Doch recht bald ist klar, dass wir zurück nach Deutschland kommen werden. Wir hatten ja schon des öfteren mal Heimweh und waren ein wenig Reisemüde. Wie sonst auch, hätten wir uns vielleicht eine Weile in Perth ausgeruht, wären an einem Ort geblieben und hätten Energie getankt, bis wir wieder Lust auf den nächsten Streckenabschnitt gehabt hätten und weitergefahren wären. Doch wo wir nun ein Kind erwarten ist das jetzt alles anders: Wir entscheiden, dass es wohl das beste ist, wenn wir zurück nach Deutschland kommen und mal wieder ein Zuhause haben für längere Zeit. Da die ersten zwölf Schwangerschaftswochen als kritisch gelten und es noch viele Schwangerschaftsabbrüche gibt in dieser Zeit, entscheiden wir uns recht bald, einen Flug für Ende März zu buchen. Ausserdem ist dann der Winter vorbei, was schön ist, da wir noch eine kleine Runde zum Abschluss durch Deutschland drehen wollen.

Versuch der Arbeitssuche in Perth
Benny: Da wir kaum noch Geld haben, versuchen wir in Perth noch eine Arbeit zu finden, was aber nicht gerade allzu leicht ist. Eine Email von einer Jobagentur bei der ich mich angemeldet habe, liest sich in etwa so:
"Der Arbeitsmarkt hat sich in den letzten Monaten radikal verschlechtert. Arbeitgeber suchen immer weniger Leute mit einem Work- and Travel- Visum, sondern statdessen nur noch mit einem permanenten Visum. Wegen der grossen Masse an Rucksacktouristen, die Arbeit suchen, aber auch wegen der steigenden Arbeitslosigkeit bei den Einheimischen selbst, und dem daraus resultierenden extremen Nachfrageüberhang nach Arbeitsplätzen wird es immer schwieriger, eine Stelle zu finden, was noch vor einigen Monaten so vergleichsweise einfach war."

Ich bewerbe mich auf mehrere offiziell ausgeschriebene Stellen, aber alle Arbeitgeber haben schon genug Bewerber. Auch rufe ich potentielle Firmen, wie zum Beispiel im Gärtnerbereich, einfach auf Verdacht über die gelben Seiten an. Doch überall Fehlanzeige, überall erhalte ich Absagen. Über Kontakte die wir in Perth geknüpft haben finden wir im Endeffekt doch Arbeit. So kommen wir zumindestens ein klein bisschen über die Runden, indem ich in einigen Gärten Büsche beschneide, Unkraut jäte oder Pflastersteine verlege.

Wir haben auch grosses Glück, dass wir in Perth immer liebe Gastgeber haben. Bei Brad und Michael durften wir noch zwei weitere Wochen bleiben, nachdem sich herausstellte dass wir ein Kind erwarten und noch nicht wissen was wir mit unserer Zukunft anstellen. Im Anschluss wohnen wir eine Woche bei Clementine, die wir über die Meditationsrichtung, die wir machen, kennengelernt haben, und danach noch für drei Wochen bei jeweils zwei sehr liebevollen und freundlichen indischen Paaren, die wir ebenso über die Sri Ram Chandra Meditation kennen gelernt haben.

Irgendwann ist dann aber endlich der Zeitpunkt gekommen, an dem wir nach einigen Wochen mit der Arbeit in Perth fertig sind, und wo wir uns wieder aufmachen, um für die letzten Wochen vor unserer Heimreise dem Vagabundenleben noch huldigen wollen: Zunächst geht es auf die wunderbare kleine Insel Rottnest Island, über die wir im nächsten Bericht schreiben werden.

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