Bericht 67: Klinisch sauberes Singapur

Klinisch sauberes Singapur 

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Benny: Wohl nie werde ich die Worte vergessen, die wir bei unserem ersten Besuch in Singapur von einem Einheimischen zu hören bekamen: "Sorry, I'm in a rush": "Entschuldigung, ich bin in Eile". Wir hatten nach dem Weg gefragt, und bekamen eine Antwort, die symptomatisch zu sein scheint für diese Stadt, die scheinbar immer in Bewegung ist und nie Zeit zu haben scheint - Zeit, die vorher in Indonesien noch jeder für uns hatte.

22.12. - 26.12.2008

"Wir versuchen, mit der Elite der westlichen Welt mitzuhalten, und wir vergleichen uns aktuell mit Ländern wie der Schweiz, Schweden, Norwegen oder Japan", erklärt uns später ein Einheimischer, mit dem wir ins Gespräch kommen. Das können wir gut nachvollziehen. Nach unserer Ankunft in Singapur landeten wir als erstes in einem Einkaufszentrum. Alles ist blitzblank poliert, auf einer Rolltreppe steht: "Rise up to a new level of shopping", so ungefähr: "Hier geht es rauf zu einer neuen Dimension des Einkaufens". Ja, das geliebte "shopping", das Einkaufen, scheint hier genau wie in der ebenso engen Stadt Hong Kong nicht Mittel zum Zweck, sondern so etwas wie Ausgleich oder Freizeitbeschäftigung zu sein. Thailand und Malaysia empfanden wir ja schon als recht modern, aber Singapur hat wirklich kaum noch etwas von dem Asien wie wir es erlebt haben, ausser den Menschenmassen vielleicht. Doch ansonsten ist hier alles überall penibel sauber, moderne Hochhäuser ragen in den Himmel, die schnellen neuen U-Bahnen fahren im Minutentakt.

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Nachdem also die ersten Geschäftsleute nun leider keine Zeit für uns hatten, um uns zu sagen wo wir am besten lang fahren können, scheint es das Schicksal doch noch gut mit uns zu meinen: Ein Radfahrer mit Trikot und Radtasche fährt an uns vorbei, wir rufen ihm zu, und er bleibt tatsächlich stehen - und bietet uns sogar an, mit uns zu unserem Ziel Bedock zu fahren! Nachdem er uns versichert dass es für ihn wirklich keine grossen Umstände macht, willigen wir mit Freude ein, und nun führt er uns runter von den Hauptstrassen auf einen Radweg, der uns entlang des Meeres in die richtige Richtung führt: Hier fahren wir nun an vielen Radfahrern, Joggern und Fußgängern vorbei, bis wir schliesslich im Stadtteil Bedock ankommen, wo wir sehr freundlich von unserem Gastgeber Harold in Empfang genommen werden. Wir hatten ihn zuvor über das Radfahrer-Gastfreundschaftsnetzwerk "warmshowers.org" kontaktiert, und er hat freundlich eingewilligt uns ein paar Tage aufzunehmen. Harold ist wie die meisten Einwohner Singapurs chinesischstämmig, und seine Muttersprache ist Englisch. Denn anders als in Hong Kong, wo die Einheimischen fast ausschliesslich in Kantonesisch kommunizieren, wächst ein grosser Teil der Bevölkerung mittlerweile mit Englisch als Muttersprache auf. Singapurs Bevölkerungs setzt sich nämlich aus Einwohnern indischer, malayischer, chinesischer, indonesischer sowie in begrenztem Masse britischer Herkunft zusammen. Dadurch ergibt sich, dass Kinder aus gemischten Ehen sowie im Schulalltag mit der Verwaltungssprache Englisch aufwachsen.

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Wir bekommen bei Harold ein kleines eigenes Zimmer und werden von ihm wunderbar aufgenommen, obwohl er nur wenig Zeit hat, da er viel im Büro für eine internationale Firma arbeitet. Auch dies scheint uns schier beispielhaft für die Singapurianer Bevölkerung zu sein. In den kurzen Tagen bei Harold in der "Löwenstadt" fällt uns der extreme Übergang vom Entwicklungsland Indonesien in das supermoderne Singapur immer wieder auf. Zwar ist der kleine Stadtstaat immer noch asiatisch voll, und wir haben den Eindruck dass die Stadt aus allen Nähten platzt. Trotzdem scheint das friedvolle Miteinander in Singapur reibungslos abzulaufen. Vielleicht auch durch die vielen Regeln, Strafen und Vorschriften. Nicht umsonst heisst es im Englischen: "Singapur is a fine city", was einerseits bedeutet:"Singapur ist eine ausgezeichnete Stadt", und andererseits"Singapur ist die Stadt der Strafen und Bussgelder", denn "fine" ist doppeldeutig und kann sowohl "fein" und "ausgezeichnet" als auch "Strafe" beziehungsweise "Bussgeld" bedeuten.

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Reizüberflutung Nachtsafari
Benny: Auf die Frage hin, was wir uns in Singapur anschauen können, wird uns die Nachtsafari empfohlen. Ich habe ein unbestimmtes Gefühl in der Magengegend bei dem Gedanken daran. Auf der Nachtsafari soll man Elephanten, Tiger, Löwen, Giraffen, Hyänen sehen können und noch viele weitere, sprich so gut wie alles was für einen Zoo interessant ist. Wir kaufen die Eintrittskarten zusammen mit der Farhkarte für eine Bahn, naja, sie sieht zumindestens so aus, auch wenn sie auf Rädern fährt. Genau in diese steigen wir kurz darauf ein, zusammen mit hunderten von anderen Touristen aus aller Welt. Und fahren nun an allen oben genannten und vielen weiteren spektakulären Tieren vorbei, bekommen einen kleinen Vortrag darüber, sowie mehrmals die Aufforderung an genau den Wagong in dem wir sitzen, doch bitte nicht mit Blitz zu fotografieren, zunächst noch freundlich, dann immer nachdrücklicher. Vielleicht verstand der betreffende Chinese aber auch einfach nicht so gut Englisch. Wähend wir jedenfalls nun im Besucherschwall durch den Zoo gefahren werden, fällt mir hier nochmal wie Schuppen von den Augen, was Tourismus scheinbar sehr oft bedeutet: Vielleicht einfach, sich mal etwas zu gönnen, wie hier zum Beispiel eine einzigartige Reizüberflutung der Extraklasse, bei der man in so kurzer Zeit wie nötig so viel sieht und so viel geboten bekommt wie möglich. "Schauen sie links die Giraffe aus dem afrikanischen Busch, oh wie wunderbar, man bekommt heute sogar ihr kleines Baby zu sehen, nun drehen sie sich bitte nach rechts, die Hyänen, also bitte, ich habe sie doch schon mehrmals darauf hingewiesen, es ist strengstens untersagt mit Blitzlich zu fotografieren, also die Hyänen afrikanischer Gattung zu ihrer rechten...".

Am Weihnachtstag dürfen wir die wunderbare Gastfreundschaft von Harolds Familie und Verwandschaft geniessen, die eine Weihnachtsfeier veranstalten, zu der wir Harold begleiten dürfen. Es gibt wunderbares Essen, auch bei Getränken dürfen wir uns bedienen nach dem was unser Herz begehrt. Doch bei den Gesprächen mit Harolds Familie fällt uns merklich auf, dass die Konversationen ganz anders ablaufen wie sonst in den letzten Monaten im ländlichen Asien: Niemandem erscheint es komisch, dass wir nicht verheiratet sind oder dass wir mit Ende zwanzig noch keine Kinder haben. Wenn wir von unserer Reise erzählen, wird uns manchmal geantwortet, oh ja, da wolle ich auch mal gerne hin, und für niemanden hier ist das Konzept des Reisens an sich unverständlich oder unnütz. Wir können uns sogar über Politik unterhalten, und selbst bei biologischem Anbau wissen unsere Gastgeber nicht nur worum es sich handelt, sondern der ein- oder andere greift beim Einkauf auch mehr oder weniger oft nach diesen Produkten. Sprich, wir haben Gespräche, wie sie in der westlichen Welt vollkommen normal sind, die wir aber ausser mir anderen westlichen Reisenden so gut wie nie mit Einheimischen führen konnten.

Akkordschrubben
Benny: Des weiteren polieren wir noch wie bekloppt sowohl unser Fahrrad als auch unsere Ausrüstung für unsere Einreise nach Australien. Ich organisiere ebenso einen Radkarton für unser Tandem, das wir ja nun das erste Mal in ein Flugzeug verfrachten wollen. Das Organisieren des Radkartons klappt leichter als gedacht, direkt beim ersten Radladen den ich ansteuere werde ich fündig nach einer Box in die unser Tandem auseinandermontiert gerade so reinzupassen scheint. Trotzdem dauert das Putzen des Rades und das Zerlegen in Einzelteile Stunden, während Mandy unsere abgenutzten Taschen schruppt.

Einmal in Laos hatten wir ein Schlüsselerlebnis, als wir die beiden lieben Weltumradler Carsten und Jessica trafen, die "erst" seit ein paar Monaten unterwegs waren. Als die beiden Räder von ihnen mit ihren strahlenden Ortlieb Front- und Backrollerradtaschen neben unserem Tandem standen, war der Unterschied zu unserer Ausrüstung und unseren abgenutzten, bereits mehrmals geflickten Taschen extrem spürbar. Und da uns dieses Erscheinungsbild bewusst ist, poliert Mandy in der Zwischenzeit fleissig unsere Radtaschen und Ausrüstung für den australischen Zoll der als sehr penibel gilt und streng darauf bedacht sein soll dass keine Seuchen ins Land eingeschleppt werden sollen.

Zusammen über den Radtraqnsport in Flugzeugen und über viele andere Themen tauschen wir uns noch mit den beiden anderen Radreisenden Patrizia und Brö (somewhereonearth.org) aus, die ihre Radreise für anderthalb Jahre in Singapur unterbrochen haben, da Brö hier ein Jobangebot bekommen hatte. Doch die anderthalb Jahre sind für die beiden so gut wie vorbei, und am 15. Januar wollen die beiden Singapur verlassen, um ihre Radreise im Yemen fortzusetzen. Über das Verladen eines Tandems im Flugzeug können sie uns viel erzählen, denn die beiden reisen selber auch per Tandem! Doch leider haben sie schon von Beschädigungen gehört, egal auf welche Art und Weise das Rad verpackt wurde. Daher sind wir also nicht wirklich beruhigt, als wir uns nach einem weiteren wunderbaren Abschlussabend mit tollem Essen von Patrizia am nächsten Tag auf zum Flughafen machen.

Ich habe wieder gemischte Gefühle, als uns ein Grossraumtaxi mitsamt Fahrradkarton zum Flughafen bringt. Ich mache mir hauptsächlich Sorgen darüber, ob mit dem Transport unseres Tandems sowie bei der Einreise nach Austrlien alles glatt geht. Doch zumindestens beim Einchecken geht alles glatt, wir kommen problemlos durch den Zoll, und laufen das erste Mal auf unserer Reise zum Flugzeug, das draussen schon bereit steht und uns nach Austrlien bringen soll.

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