Bericht 19: Schwarzes Loch Yazd

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Schwarzes Loch Yazd


16. Okt - 02. Nov: Esfahan - Zahedan

    16.Okt: Esfahan
    17. Okt: Esfahan - Kupayeh 82,4 km
    18. Okt: Kupayeh - Meybad 193,1 km
    19. Okt: Meybad - Yazd 41,7 km
    20. -25. Okt: Yazd
    26. Okt: Yazd - Mehriz 60,8 km
    (per LKW nach Kerman, 300 km)
    27. - 31. Okt: Kerman (-> Teheran -> Kerman)
    01. Nov: Kerman - Zahedan per LKW (522 km)
    02. Nov: Zahedan - Taftan 81,4 km

Abschied von Esfahan - es lebe der Sport!

(und der wunde Hintern...)
Eine Woche verbringen wir im schönen Esfahan, wovon wir uns sprichwörtlich loseisen müssen. Der Weg zu unserem nächsten Ziel Yazd führt uns für ca. 2 Tage durch die Wüste. Trotz der Kamelschilder sahen wir nicht ein einziges lebendes Exemplar. Dafür dürfen wir aber einen Abend in dem Ruheraum einer Teppichfabrik übernachten und werden dazu auch noch mit Essen und Trinken versorgt! Wunderbare iranische Gastfreundschaft! Um die relativ langweilige Strecke zu überbrücken, suchen wir die sportliche Herausforderung und erradeln einen neuen persönlichen Rekord von 193,1km. Circa 40 km vor Yazd haben wir mal wieder einen Speichenbruch und sind dankbar, die Nacht im Raum einer Speditionsfirma schlafen zu dürfen.

Yazd gehört mit Sicherheit zu den Städten, die leise aber heimlich unser Herz erobert haben. Auch hier sehen wir wieder architektonische Meisterleistungen, aber auch die kleinen verwinkelten Gassen, die labyrinthartig die aus Lehm erbauten Häuser verschachteln, gefallen uns auf Anhieb. Für uns ist Yazd ein schwarzes Loch, da wir hier fast mehr noch als in Esfahan zur Ruhe kommen und sprichwörtlich versacken. 'Schuld' daran ist mit Sicherheit auch das wunderschöne Silkroadhotel, mit seiner lauschigen Atmosphäre, dem leckeren vegetarischen Essen, dem guten aber billigen Schlafplatz auf dem Dach und vor allen Dingen mit den supernetten Besitzern und Angestellten dort! Das Silkroadhotel ist genau wie das Amir Kabil in Esfahan wieder der Travellertreffpunkt und so hocken wir auch hier wieder bis spät in die Nacht bei Tee oder Wasserpfeife zusammen. Grosses Glück haben wir, als wir einen Fotographen aus Kerman, Iran kennenlernen, der uns einen Abend und den nächsten Morgen schöne versteckte Ecken der Stadt zeigt und uns zum Beispiel mit auf die Dächer des Basars nimmt. Ausserdem machen wir noch einen schoenen Ausflug mit dem Südkoreaner Doyan und dem Japaner Sato in die verlassene Lehmstadt Charanag, und erklimmen dort das schaukelnde Minarett, bevor wir im Anschluss noch Chak Chak, eine heilige Stätte der Zarathustrianer (die Religion der Iraner, bevor der Islam Einzug hielt) besuchen.

Vermummte Gestalten

Eigentlich wollen wir von Yazd bis Kerman radeln und ab dort auf andere Verkehrsmittel umsteigen, da wir langsam aber sicher die Region Belutschistan erreichen, wo die Hauptschmuggelroute für Drogen aus Afghanistan und Pakistan entlangführt, und wo vor drei Jahren zwei deutsche und ein irischer Radler entführt wurden. Wir befinden uns jedenfalls noch weit vor Belutschistan, in einem Gebiet das für Radfahrer als sicher gilt. Doch 60 Kilometer hinter Yazd sehen wir auf der anderen Strassenseite einen vermummten Motoradfahrer mit Gewehr auf der Schulter, den wir nicht als Polizisten identifizieren können. Als er uns sieht, wendet er prompt und ist bald in Begleitung von einem zweiten Motoradfahrer, der ebenfalls vermummt ist. Beide fahren erst an uns vorbei, und halten dann kurze Zeit später am Strassenrand und telefonieren mit dem Handy. Was sind das für Typen? Uns ist auf jeden fall mulmig und wir halten kurzerhand einen LKW- Fahrer an, der uns lieberweise auf der Ladefläche bis nach Kerman mitnimmt und sogar noch mit Tee versorgt. Im Hotel treffen wir Patrick und Sophie, die auch mit dem Rad unterwegs sind und die hinter Yazd eine Polizeieskorte bekommen hatten. Jedesmal, wenn Motoradfahrer in ihre Nähe kamen, ist das Polizeiauto vorgefahren und hat sie von ihnen ferngehalten. Auch wenn wir zuvor überlegt hatten, ob es nötig war, den LKW zu nehmen, sind wir nach diesen Erzählungen froh, dass wir uns so entschieden haben.

Kerman-Teheran-Kerman

Das Silkroadhotel in Yazd hat uns mit freundlichem Personal einfach zu sehr verwöhnt. Im "Touristenhotel des Jahres" (Akhabanhotel) zelten wir auf einem schäbigem Betonhof, und das Wort das der Hotelbesitzer am besten beherrscht beginnt mit 'Mo' und endet mit 'ney'. Die einzigen Lichtblicke sind die uns bereits bekannten Reiseradler Theo, Laura, Patrick und Sophie, zu denen sich noch das nette Pärchen Ela und Marco gesellt, die mit 'Erbsli', ihrem erbsgrünen, fantastisch ausgestattetem VW-Bus Richtung Osten unterwegs sind. Wir kommen aus dem Staunen nicht mehr heraus, was die beiden alles dabeihaben und bedauern ein paar Sekunden, nicht mehr Platz auf dem Tandem zu haben. Wir haben noch einen schönen Abend, und zusammenn mit den anderen und dem gelernten Koch Patrick machen wir wunderbar schmackhafte Pfannkuchen.

Wir sind fast froh, der tristen Stadt Kerman entfliehen zu können, da wir ein letztes und drittes Mal nach Teheran wollen, um unsere Pakistan- und Indienvisa abzuholen, und Besuche zu machen. Einen Abend sind wir zu Gast bei Ali und dessen Frau Mahin, die ein unglaubliches, riesiges, zauberhaftes vegetarisches Essen für uns zubereitet hat! Vielen, vielen Dank für eure Mühe! Für den nächsten Abend sind wir zu Gast bei deren Sohn Arash und seiner Familie, die uns auch mit grossartigem Essen und interessanten Gesprächen beglücken. Tausend Dank auch an euch :-) Und, endlich endlich haben wir Dank Bennys Eltern unsere Visa für Indien und Pakistan in den Händen, die für uns in Deutschland beantragt wurden! Danke, danke, danke!!!

Per Anhalter zur Grenze

Kaum in Kerman zurück, holen wir unser Gepäck bei dem netten Touristenführer Houssein ab, bei dem wir es lieberweise unterstellen konnten, solang wir in Teheran waren. Danach hält uns nichts mehr in Kerman, so dass wir ein Stück aus der Stadt rausfahren und in zwei Etappen zur Grenze per LKW trampen. Besonders schnell ins Herz schliessen wir den zweiten Lkw-Fahrer Parvis, der gleichaltrig ist und im Konvoi mit einem Kollegen fährt. In der Grenzstadt Zahedan dürfen wir sogar in seiner Schlafkabine auf einem bewachten LKW-Platz schlafen, während er sich die Kabine mit seinem Kollegen teilt. Bei Tagesanbruch geht es auch schon weiter, auch Parvis will nach Pakistan, aber da er noch eine Genehmigung braucht, setzt er uns an einer Polizeistation ab.

Radeln ab Zahedan

Als wir gerade unser Tandem vom LKW runterheben kommt wie aus dem Nichts auf einmal Benno, der Radler aus der Schweiz, den wir schon in der Türkei und auch im Iran getroffen hatten, auf einem anderen Kleinlaster herangefahren. Wir entschieden uns mal wieder ein Stück zu radeln, und auch Benno hatte selbiges vor. Doch zuerst lässt uns die Polizei nicht fahren, denn Sie wollen unsere Räder auf einen Kleinlaster verladen. Aber Benno nimmt die Diskussion in die Hand, und nach etwa 45 Minuten dürfen wir dann doch radeln und werden von einem Wagen mit bewaffneten Polizisten begleitet.

Es radelt sich gut, doch noch 2 Mal müssen wir anhalten, um an Polizeikontrollposten unsere Passnummern notieren zu lassen. Nach dreieinhalb Radelstunden fast ohne Pause kommen wir dann erschöpft an der Grenze an. Gerade noch rechtzeitig geben wir dem Zöllner unsere Pässe, bevor ein Reisebus 50 Ausweise auf einmal auf den Schalter schmeißt. Und genau so fix bekommen wir den Stempel für die Ausreise, schieben unsere Räder mitsamt Taschen - die ein weiteres Mal seit Reisestart nicht ansatzweise kontrolliert wurden - aus dem Iranischen Grenzhaus raus und verlassen so langsam den Iran. Ein letztes Mal müssen wir noch unsere Pässe zeigen - dann gehen wir durch das offene Tor nach Pakistan!

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