Bericht 17: Festessen in Tabris

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Festessen in Tabris

 
08. - 29. Sep: Tabris - Teheran

    11. Sep: Tabris - Said Abed 39,7
    12. Sep: Said Abed - Kordkandi 45,6
    13.+14. Sep: Rad reparieren in Kordkandi / Tabris
    15. Sep: Kordkandi - Sarab 54,0
    16. Sep: Sarab - Sareeyn 73,0
    17. Sep: Sareeyn - Ardebil 38,6
    18. Sep: Ardebil - Heyran 66,1
    19. Sep: Heyran - Lisar 71,6

   

    20. Sep: Lisar - Bandar Anzali 98,0
    21.+22. Sep: Pause on Bandar Anzali
    23. Sep: Bandar Anzali - Lahijan 74,1
    24. Sep: Lahijan - Shasavar 85,3
    25. Sep: Shasavar - Abbasabad 30,5
    26. Sep: Abbasabad - Valiabad 83,6
    27. Sep: Valiabad - Teheran 140,5
    28.-30 Sep: Teheran
 

Tabriz, Klappe, die Zweite

Allzu schöne Erfahrungen machen wir zunächst nicht in Tabriz. Denn teilweise denken wir, die Leute machen sich über uns lustig oder versuchen uns in den Geschäften übers Ohr zu hauen. So sind wir nach einigen Tagen froh, die Stadt zu verlassen Mit dem Reiseradler Benno, siehe: "LeVeloRouge", den wir zuvor in Dogubayazit kennen gelernt und in Tabriz wiedergetroffen hatten, fahren wir in Richtung Teheran. Den erhofften See erreichen wir zwar nicht mehr, aber wir finden einen netten Zeltplatz neben einem Feld, und wir haben einen sehr schönen, längeren Abend zusammen. Anderntags trennen sich dann unsere Wege: Benno fährt direkt nach Teheran, während wir einen kleinen Abstecher entlang des Kaspischen Meeres machen wollen. Doch weit sollen wir heute nicht kommen: Nach 10 Kilometern macht es plötzlich "knacks" am Hinterrad, das auf einmal ziemlich starken Schlag hat. Einen Speichenbruch entdecken wir zuerst nicht, und so fahren wir weiter, bis Benny an der nächsten Teestube das Hinterrad zentrieren will. Doch dann erst bemerken wir das ganze Ausmaß: Die Hinterradnabe hat einen Riss! So können wir unmöglich weiterfahren.

Doch der Besitzer der Teestube ließ uns das Rad in einem Nebenraum unterstellen, und wir wollen versuchen in Tabriz im Radladen von Saeed Mohammadi Ersatz zu bekommen. Da der Bus erst einige Stunden später kommen soll, stellen wir uns an die Straße und versuchen ein Auto anzuhalten. Beim ca. 7. Auto haben wir auch Erfolg, und für 3 Euro werden wir in einem Sammeltaxi die 100 km bis nach Tabriz zurück gefahren. Da das Einspeichen der Felge und Nabe Abends noch nicht beendet war, suchen wir uns ein Hotel und gehen noch in die kleine Pizzeria, in der wir in den letzten Tagen auch schon waren. Dort lernen wir das Paar Mehran und Ehzane und deren kleinen Sohn Scheijan kennen, die uns zu sich nach Hause einladen. Spontan rufen sie Mehran’s Bruder Ehsan und Schwester Nasim an, die beide sehr gut englisch sprechen und gemeinsam fahren wir zu ihnen nach Hause. Wir schwatzen noch lange bis in die Nacht und dürfen dann im salonartigen Dachgeschoss naechtigen. Am nächsten Morgen zeigen uns unsere Gastgeber nach dem Frühstück die Stadt, wir holen unser fertiges Hinterrad ab und wollen eigentlich weiterfahren. Doch unsere Gastgeber haben ganz andere Pläne. Sie wollen, dass wir noch am nächsten Abend auf einer Familienfeier dabei sind und sehr sehr gern bleiben wir noch und verbringen wunderschoene Stunden mit unseren Gastgebern. Wir wollen uns aber auch gerne ein bisschen revanchieren und deshalb kochen wir zwei Sorten Auflauf (Offloff ;-)).

Am nächsten Tag lädt uns Ehsan’s, Mehran’s und Nasim’s Mama zum Essen ein, und wir dürfen noch Nasim’s wunderschoen gemalte Bilder bewundern und Ehsan’s Gitarrenspiel lauschen. Abends fahren wir zu einer grossen Familienfeier, denn nur die Besten bestehen die harte Aufnahmeprüfung für die Zulassung zum Studium, die Ayda mit Bravour gemeistert hat. Wir haben das grosse Glück, bei einer solchen Feier dabei zu sein- 40 Leute essen gemeinsam am Soffre, beglückwunschen die aufgeregte Ayda und tanzen dann ausgelassen zusammen. Nach drei wunderbaren Tagen nehmen wir dann Abschied von unseren Freunden. Sie fahren uns sogar noch zu der Garage, wo unser Rad und Gepäck stehen (puh-alles noch da) und dann eisen wir uns schweren Herzens los und ahnen, dass die Abschiede wohl die groessten Herausforderungen unserer Reise sind. Tausend Dank für die schoene Zeit mit euch!!!

Das Meer ruft

Die nächsten Stunden radeln wir fast stumm vor uns hin und suchen in Sarab den Stadtpark, wo immer viele Leute zelten. An einer Tankstelle werden wir sprichwoertlich von der Strasse ins Haus geladen. Schon folgt der nächste Eindruck für uns, wir haben kaum die Tage in Tabriz für uns sortiert. Wir sind zu Gast bei einer sehr religioesen Familie, die auch im Haus den Tschador tragen und auch nur die wenigen staatlichen Fernsehsender sehen, statt Satellitenfernsehen wie es viele moderne Iraner sehen. An diesem Abend müssen wir noch viele Fragen der ganzen Verwandtschaft und der herbeigeholten Nachbarn beantworten. Die ältesten Familienmitglieder waren sogar in Mekka und dürfen sich nun Hadschi nennen.

Um 6 Uhr am nächsten Tag klingelt der Wecker und nach dem Frühstück sitzen wir früh auf dem Rad, da unsere Gastgeber zur Arbeit müssen. Wir sind noch hundemüde, da wir in Tabriz immer bis spät in die Nacht wach waren und immer früh aufgestanden sind. So folgt schon bald das nächste Picknick und wir lassen uns auf einem ruhigen Platz die Sonne auf den Bauch scheinen und trinken danach erstmal gemütlich Kaffee. Wieder auf dem Radl, fahren wir Richtung eines 2300m hohen Passes auf der fast fertig gestellten Strasse und geniessen die Stille, da die Strasse noch nicht offiziell eroeffnet ist. Zwei Stunden später und viele Meter hoeher kommen uns zwei Busse entgegen, die uns vor ein paar Minuten noch in gleicher Richtung überholt haben und winken abwehrend mit den Armen. Mist, die Busse kommen nicht weiter, umdrehen wollen wir auch nicht, also fahren wir auf gut Glück weiter. Und tatsächlich räumt ein Bagger gerade den grossen Sandberg auf der Strasse beiseite und lässt uns und zwei Autos durch, bevor er die pistenartige Strasse wieder dichtmacht.

An dem Tag radeln wir nach Sareyn, das für seine heilenden heissen Quellen berühmt ist und wir werden kurz vor diesem Touriort sehr oft angehalten und fotografiert, die Leute schenken uns viel Obst und Kekse und ploetzlich hält wieder jemand ganz knapp vor uns ein Fahrer, der uns fast umfährt. Laut fluchend halten wir an und lernen entgegengesetzt unserer Erwartung nach dem halben Herzinfarkt eine sehr nette kurdische Grossfamilie kennen, die ein gutes Hotel kennen und mit der wir später noch einen sehr lustigen Abend verbringen.

Auf dem Weg zum Kaspischen Meer sehen wir uns noch das beieindruckende Grab des Scheichen Safi ad-Din in Ardabil an und ziehen auf dem Weg dahin sogar Handschuhe und Mütze an, um im kalten Regen und Gegenwind nicht vollkommen auszukühlen. Der Gegenwind macht uns auch am nächsten Tag schwer zu schaffen, bevor wir endlich über 1500m an Hoehe verlieren und wir ins fast dschungelartige, schwüle Klima des Kaspischen Meeres auf 28m unter dem Meeresspiegel eintauchen.

Es macht immer tutut

Am Ende der Ferienzeit dort angekommen, folgten wir den nächsten Tagen der ausserordentlich hässlichen Küstenstrasse, in der sich ein Dorf an das nächste reihte, jedoch während der ganzen Fahrt einen schoenen Ausblick auf die Berge gewährte. So rollten wir gemeinsam mit den anderen Automassen auf einer miesen Strasse, ständig wurde gehupt, wir fotografiert und gefilmt, so dass wir nur in Cafes zur Ruhe kamen und wir oft Musik hoerten, um uns zu entpannen. Einen Abend fragten wir, ob wir unser Zelt in einem kleinen Café-Garten aufstellen koennen und lernten dort einen Polizisten imUrlaub kennen, der uns richtiges Bier! (alkoholfreies gibt es überall zu kaufen, anderes nur unter der Hand) aus seiner grossen Kühlbox mit entsprechendem Nachschub anbot, und seine Kinder und seine sehr religioese Frau kennen, die Karate unterrichtet. Der Führerschein im Iran kostet ca. 50 Dollar, so dass viele Iraner ein Auto kaufen und Fahrgäste auf der Strasse aufgabeln und dann so schnell wie moeglich fahren, um so viel wie moeglich zu verdienen. Uns hat es so genervt, dass wir bis zum Ende der Ferienzeit uns eine günstige, aber niedliche Ferienwohnung am Meer gemietet haben und dort warteten, bis die Schule wieder anfing. Gleich danach war auch schon Ramadan (Fastenzeit), wo Muslime von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang nichts essen und trinken dürfen, es sei denn sie reisen oder sind zum Beispiel krank. Wir waren erst ein bisschen besorgt, aber nachdem wir viele Iraner trotzdem essen und trinken sahen, da viele Iraner nicht religioes sind und der Staat die Religion und Regeln aufzwingt, entspannter. Die meisten Restaurants sind geschlossen, nur wenige haben für Reisende geöffnet (zum Beispiel an Verkehrsknotenpunkten), aber alle Lebensmittelläden sind geoffnet, so dass wir nie ein Problem mit Energienachschub hatten ;-)

Durch die Berge nach Teheran

Von unserer schönen Ferienwohnung fahren wir also weiter, und wir freuen uns sehr dass wir noch die Tage gewartet haben, denn das Fahren ist nun, nachdem alle Iranischen Touristen nach Hause gefahren sind, wesentlich angenehmer. In Astaneh kommen wir an einer Moschee des 8. Imam (Er ist im Islam eine Heilige Person) vorbei und machen einige Fotos. Und werden prompt von einem Menschenauflauf sondergleichen umzingelt! Abends erreichen wir in Lahijan einen Stadtpark wo wir zelten wollen. Wir kommen mit 3 Lehrern ins Gespräch und unterhalten uns noch einige Stunden. Die Lehrer sind schockiert davon, als wir erzählen was für ein Bild in Deutschland vom Iran vorherrscht. Doch im Anschluss werden wir sogar vom Englischlehrer eingeladen, bei Ihm zu Übernachten.

Zwei weitere Etappen fahren wir noch am Kaspischen Meer, und wir kommen mal wieder zum Zelten. Als wir das Kaspische Merr verlassen sind wir nicht traurig, und es geht ab in die Berge. Vielfach wurden wir vor dieser Straße gewarnt, da Sie anstrengend und gefährlich sei. Am Abzweig angekommen steht sogar ein Verbotsschild für Radfahrer da, und uns wird ein bischen mulmig, besonders dann wenn wir an den vielen Polizeikontrollen vorbeifahren. Doch im Endeffekt lässt sich die Straße ganz gut fahren, zunächst noch angenehm, aber später immer steiler. Durch ein abenteuerliches Flusstal erreichen wir Abends einige Restaurants, wo uns ein Förster an seinem Haus einen Zeltplatz anbietet, den wir dankbar annehmen. Von 0 auf 1300 Meter waren wir an diesem Tag gefahren. Am nächsten Tag stehen wir wieder früh auf, um die restlichen 1350 Höhenmeter in Angriff zu nehmen. Durch wunderschöne Bergszenerie fahren wir Stunde um Stunde bergauf. Weit entfernt schlängelt sich im Tal der Fluss unterhalb der Serpentinen. Die Landschaft wird immer karger. Noch weiter oben formen riesige Bagger die Landschaft neu: Eine vierspurige Autobahn wird von Teheran ans Meer gebaut. Nach 3 Stunden Fahrtzeit sind wir dann oben auf dem Pass auf 2670 Metern. Ein wenig erschöpft, aber glücklich, diese wunderbare Landschaft auf dem Rad erleben zu dürfen, geht es auf der anderen Seite in rasanter Fahrt Bergab.

An einem Staudamm machen wir Picknick. Bevor wir weiterfahren macht Benny noch schnell ein Foto vom Staudamm. Doch als ein Wachmann von der etwa 100 Meter entfernten Polizeistation angerannt kommt, fällt uns wieder ein - Kraftwerke, Staudämme oder militärische Anlagen sollen wir ja im Iran nicht Fotografieren! Also schwingen wir uns schnell aufs Rad und radeln schnell los, da wir ja keinen Ärger mit der Polizei haben wollen. Am Ende des Tals geht es dann auf die Autobahn. Natürlich sind Fahrräder auch hier verboten, aber wir finden, dass das für uns die sicherste und angenehmste Straße ist - der Seitenstreifen gehört komplett uns! Erst als wir fast am Haus unserer Gastgeber ankommen, erwartet uns der blanke Horror: Wir müssen an der Autobahn LINKS abfahren! Da wir keine andere Wahl haben sucht Benny im dichten Verkehr eine Lücke die es nicht gibt, um links rüber zu kommen. Also einfach fahren und beten. Es quietscht. Mindestens 5 Autos auf den 3 Spuren machen im dichten Verkehr hinter uns eine Vollbremsung. Doch wir bleiben heil. Puh, Durchatmen für 20 Meter, denn auf der anderen Seite müssen wir uns ja wieder auf der LINKEN Spur einordnen und durch den dichten Verkehr wieder rechts rüber fahren. Diesmal haben wir ein langsames Auto hinter uns das wir nicht vorbei fahren lassen um es sicher hinter uns zu haben damit wir vor den heranrasenden Autos geschützt sind. Endlich erreichen wir die rettende andere Strassenseite. Wir haben Teheran und das Haus unserer Gastgeber erreicht, wo wir wieder sehr herzlich aufgenommen werden und die Gastfreundschaft dort kaum begreifen können. Als wir am nächsten Tag unser Indienvisum beantragen wollen, werden wir abgewiesen, da wir nur per Flugzeug einreisen dürfen. Tja, und was nun? Wir sind erst mal noch in Teheran und denken über unseren weiteren Reiseverlauf nach...

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