Bericht 15: Pissi pissi im wilden Kurdistan

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Durch das wilde Kurdistan

20. Aug - 04. Sep: Aksaray - Dogubayazit


    20. Aug: Aksaray - Ihlara 49,4 km
    21. Aug: Ihlara - Suvermez 46,6 km
    22. Aug: Suvermez - Göreme 51,1 km
    23. Aug: Göreme - Kaiseri 102,1 km
    24. Aug: Kaiseri - Sarkisla 108,4 km
    25. Aug: Sarkisla - Sivas 89,2 km
    26. Aug: Sivas - Imranli 102,4 km
    27. Aug: Imranli - Erzincan 143 km
    28. Aug: Erzincan Ruhetag
    29. Aug: Erzincan - Tercan 101 km
    30. Aug: Tercan - Erzurum 92,9 km
    31. Aug: Erzurum Iran Visa abholwarten
    01. Sep: Erzurum - Horasan 72,0 km
    02. Sep: Horasan - Agri 110,5 km
    03. Sep: Agri - Dogubayazit 100,5 km
    04. Sep: Dogubayazit Ruhetag

Kappadokien, Spanner und Schlafpaltzsuche

Hinter Aksaray fahren wir eine knackige Steigung rauf, als genau in dem Moment Kinder kreischend auf uns zukommen, die wild"MAANNII" schreien und an unserem Tandem zerren.Wir geben Gas-und entkommen keuchend und schwitzend. Schon ein paar Meter weiter steht ein Mann und fotografiert uns mit der einen Hand und hält in der anderen einen Becher mit Fruchtsaft. Was für ein Start in den Morgen. Nachdem er uns noch einen grossen Beutel mit Pilzen geschenkt hat, radeln wir weiter zu unserem nächsten Ziel: Kappadokien.

Diese einzigartige von einem Vulkan erschaffende Landschaft aus Tuffstein, entdecken wir gespannt Zentimeter für Zentimeter und kommen aus dem Staunen nicht mehr heraus. Wir radeln vorbei an Selime, wo die Schlümpfe höchstpersönlich zu wohnen scheinen und von wo aus eine 14km lange Schlucht ins Ihlara-Tal führt,wo unzählige Felsenkirchen und - wohnungen in die Steilwände gehauen sind. Vor Nefsehir machen wir Halt an einer Petrol Ofisi Tankstelle und als Mandy aus der Toilette kommt, hockt ein Mann davor, der schnell in die Männertoilette rennt. Wie sich herausstellt ist es ein Angestellter, der behauptete zu putzen!? Wir lassen uns das nicht gefallen und machen ihm mit dem Wort "Ayip" (Schande) klar, das das nicht in Ordnung ist und Benny fragt den ungläubigen Kollegen: "Was würdest du tun wenn das jemand bei deiner Frau macht? Der nickt bloss und endlich kommt eine Entschuldigung.

Natürlich besichtigen wir auch Göreme und lernen dort auf einem gemütlichen Zeltplatz Abends noch einen deutschen Entwicklungshelfer aus Saudi- Arabien und seine türkische Frau kennen und erfahren noch spannende Geschichten über Mekka und Saudi- Arabien. Wir haben die Erfahrung gemacht, das Leute uns immer vor dem Land warnen, welches wir als nächstes bereisen (und meistens nie dort gewesen sind), doch bisher hat sich alles als unwahr behauptet. Vor der Osttürkei jedoch haben wir Respekt, da dort vor einigen Monaten ein Schweizer Pärchen beim Wildzelten böse überfallen worden sind. Jeden Tag ein Hotel nehmen können und wollen wir nicht und so suchen wir uns immer relativ frühzeitig einen Schlafplatz. Glück hatten wir fast immer an Tankstellen, bei einer Teppichfirma aber auch öfter bei der hiesigen Verkehrspolizei (Bölge Traffik Station), die uns immer sehr nett aufnahmen und mit denen wir oft viel Spass hatten.

Es wird bergig

Nach Kappadokien wollten wir mal ein bischen mehr Gas geben, da unsere Iranvisa für uns bereit lagen uns wir ein bischen Angst hatten dass Sie wieder verfallen könnten. Doch im Endeffekt war es ganz schön anstrengend, jeden Tag über 100 Kilometer zu schaffen. Denn in der Osttürkei erwarteten uns 5 Passhöhen über 2000 Meter. Aber andererseits war es hier sogar fast angenehmer zu fahren als an der Küste, da kein so heißes und schwüles Klima herrscht. Jedoch mussten wir in der Osttürkei über zum Teil ekelhafte Pisten fahren (wir fuhren immer auf den zentralen Hauptstrassen), die teilweise erst im Begriff der Fertigstellung waren. Viel schlimmer als der Belag war jedoch der ekelhaft stinkende Teer, der zum Teil stundenlang nicht nur an unseren Reifen sondern auch in unseren Nasen hängen blieb.

Da waren wir am Ende einer Etappe sehr froh, den begeisterten Radler Serkan zu treffen. Er und seine Familie nahmen uns wieder auf als wären wir die eigenen Kinder, und genauso gut wurden wir dort auch versorgt. Eigentlich wollten wir Ihre Gastfreundschaft nicht zu lange strapazieren und am nächsten Tag weiterradeln, doch wir wurden geradezu genötigt, noch einen Tag zu bleiben, was wir dann im Endeffekt auch sehr gerne taten. Anderntags zeigte Serkan, der leider arbeiten musste, uns noch den Weg zu einem wunderbar idyllisch gelegenem Wasserfall. Dort stellten wir fest dass selbst die Verkäufer der Stände nicht so aufdringlich waren. Vielleicht lag es daran dass sich dort nur Türkische Touristen aufhielten. Wir versuchten uns am Abend noch ein klein bischen bei Serkans Familie zu revanchieren, indem Mandy Pfannkuchen machte, welche auch im Nu vergriffen waren.

Weiter ging es dann in Richtung Erzurum, wo wir unsere Visa für den Iran abholen wollten. Unsere erste Etappe endete in Tercan, wo wir abermals bei einer Böge Trafik Polis Station zelten durften und auch dort sehr Herzlich aufgenommen wurden. Über einen weiteren 2000er Pass mussten wir noch rüber, bevor wir endlich in einem Flusstal in Richtung Erzurum radeln konnten. An einer Tankstelle im Nirgendwo, wo wir gemeinsam mit den Tankwärten in freundlichem Schweigen pausierten, hielten plötzlich 2 Autos an: Eine deutsch-türkische Grossfamilie aus Böblingen stieg aus, und fragte, ob denn alles in Ordnung sei. Abends erreichten wir schließlich Erzurum, wo wir anderntags ja unsere Visa abholen wollten. (Bericht unter "Aktuelles")

Pissi pissi im wilden Kurdistan

Seit Erzincan bewegen wir uns in kurdischem Gebiet und hinter Erzurum sehen die Hütten sehr ärmlich aus- einfache Flachbauten aus groben Steinen, vor denen die Menschen die Mistfladen ihrer Tiere zu 2-3 meterhohen Türmen aufgebaut haben. Die Arbeitslosigkeit ist hier zwischen 70 bis 80 Prozent und Kinder wachsen zweisprachig auf. Bis zum Schulbeginn sprechen sie meist nur kurdisch und werden dann nur auf türkisch unterrichetet- eine Katastrophe. An den Wänden der Tankstellen und spärlichen Restaurants hängt auch nicht mehr das Bild von Atatürk, der ansonsten in der Türkei eine gottähnliche Stellung einnimmt und niemand fragt uns mehr, ob die Türkei denn cok güzel, (Sehr schön) ist, da die Leute hier arm sind und zum Teil Hunger leiden. Alles wird verwertetet, wie zum Beispiel der Dung der Tiere, Frauen waschen ihre Wäsche im Fluss und Kinder tragen oft schmutzige und zerrissene Kleidung. Trotz allem erleben wir die Kurden als ein sehr nettes Volk und fühlen uns in der Region wohl.

An einer Tankstelle müssen wir herzlich lachen, als der nette kurdische Besitzer eine Katze mit "pissi-pissi" (miez-miez) ruft und kriegt sich dann auch fast nicht mehr ein, als wir ihm die Bedeutung in unserer Sprache erklären. Einzig vor den Steine schmeissenden Kindern müssen wir uns in Acht nehmen. Wir fahren immer sehr langsam auch an potetiellen Steinewerfern vorbei, halten auch mal an und haben sie dabei immer im Auge. Auf "Hello" antworten wir meist immer mit "Salem Aleikum" (gesegnet seist du) und haben damit den Status wie die heiligen Kühe in Indien. Die Prozedur ist zwar etwas mühsam, aber erfolgreich und so erreichen wir unbeschadet Dogubayazit, nahe der iranischen Grenze. Hier legen wir noch einen Ruhetag auf einem idyllischen Campingplatz am Fusse des Ishak Pasa ein, Mandy geht ins Hammam (dort sind viele Mütter mit noch mehr kreischenden Kindern) und wir treffen noch das holländische Radelpärchen Sophie und Patrick und den Schweizer Radler Benno, die allsamt Richtung Südostasien wollen.

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